Fehlerarten im Qualitätsmanagement – alle Infos & Tipps
Fehler im Qualitätsmanagement (QM) sind ein wesentlicher Bestandteil jedes kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Sie bieten wertvolle Erkenntnisse, um Abläufe zu optimieren und die Qualität nachhaltig zu steigern. Doch nicht jeder Fehler ist gleich: Während einige leicht zu beheben sind, können andere schwerwiegende Konsequenzen für Patienten, Mitarbeiter oder die gesamte Einrichtung haben.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Fehlerarten es im QM gibt, wie diese klassifiziert und bewertet werden und welche Strategien helfen, aus Fehlern zu lernen und zukünftige Fehler zu vermeiden.
Was versteht man als Fehler im Qualitätsmanagement?

Ein Fehler im Qualitätsmanagement bezeichnet eine Abweichung von festgelegten Standards, definierten Prozessen oder allgemeinen Erwartungen, die sich negativ auf die Qualität der erbrachten Leistungen auswirken kann. Diese Abweichungen können verschiedene Ursachen haben und sowohl einzelne Arbeitsschritte als auch ganze Organisationsstrukturen betreffen.
Fehler im QM entstehen häufig durch unzureichend definierte Prozesse, menschliche Unachtsamkeit oder technische Defizite. Sie können sich in verschiedenen Formen zeigen – von kleinen Unstimmigkeiten in der Dokumentation bis hin zu schwerwiegenden Fehlern, die die Patientensicherheit gefährden oder rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Entscheidend ist nicht nur die Identifikation eines Fehlers, sondern auch die Analyse seiner Ursachen, um nachhaltige Verbesserungen abzuleiten.
Typische Fehlerquellen im Qualitätsmanagement
Fehler können in unterschiedlichen Bereichen eines Qualitätsmanagementsystems auftreten. Zu den häufigsten Fehlerarten gehören:
- Verfahrens- und Prozessfehler
- Unklare oder nicht dokumentierte Arbeitsabläufe
- Fehlende oder veraltete Standardarbeitsanweisungen (SOPs)
- Prozessabweichungen, die zu Qualitätsmängeln führen
- Dokumentationsfehler
- Unvollständige oder unleserliche Patientenakten
- Fehlende Unterschriften in wichtigen Dokumenten
- Ungenaue oder widersprüchliche Angaben
- Kommunikationsfehler
- Missverständnisse zwischen Mitarbeitern aufgrund fehlender oder fehlerhafter Übergaben
- Unklare Anweisungen, die zu Fehlinterpretationen führen
- Informationslücken zwischen Abteilungen oder Teams
- Systematische Fehler
- Strukturelle Probleme in der Organisation, die wiederholt zu Fehlern führen
- Unzureichende technische oder personelle Ressourcen
- Fehlende regelmäßige Überprüfung und Anpassung von QM-Prozessen
- Menschliche Fehler
- Unachtsamkeit oder Zeitdruck bei der Bearbeitung von Aufgaben
- Fehlende Schulungen oder mangelndes Bewusstsein für QM-Vorgaben
- Überforderung durch komplexe oder nicht benutzerfreundliche Systeme
Wie werden Fehler im QM klassifiziert und bewertet?
Fehlerart | Beschreibung | Beispiel |
---|---|---|
Aktive Fehler | Treten unmittelbar auf und sind direkt sichtbar. | Falsche Medikamentengabe durch Verwechslung. |
Latente Fehler | Systematische Schwächen, die oft erst später sichtbar werden. | Unzureichende Schulung führt langfristig zu Fehlbedienungen. |
Dokumentationsfehler | Unvollständige oder fehlerhafte Einträge in Akten. | Fehlende Unterschriften oder fehlerhafte Laborwerte. |
Kommunikationsfehler | Missverständnisse oder unklare Anweisungen. | Unzureichende Patientenaufklärung über Nebenwirkungen. |
Fehler im Qualitätsmanagement sind nicht alle gleich schwerwiegend oder folgenreich. Daher ist es essenziell, sie systematisch zu klassifizieren und zu bewerten, um gezielte Maßnahmen zur Fehlervermeidung und -korrektur ableiten zu können. Eine strukturierte Fehlerbewertung hilft, Risiken zu minimieren, die Patientensicherheit zu verbessern und die Qualität medizinischer Dienstleistungen nachhaltig zu sichern.
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Fehlerklassifikation: Welche Arten von Fehlern gibt es?
Fehler im QM lassen sich nach verschiedenen Kriterien kategorisieren. Eine der häufigsten Einteilungen erfolgt nach der Art des Fehlers und seiner Ursachen:
1. Fehlerklassifikation nach Ursache und Wirkung
- Aktive Fehler: Diese Fehler entstehen unmittelbar im Arbeitsprozess und wirken sich direkt auf die Qualität der Dienstleistung aus. Ein klassisches Beispiel ist die Verwechslung eines Medikaments durch eine unaufmerksame Handlung eines Mitarbeiters.
- Latente Fehler: Diese Fehler entstehen durch strukturelle oder organisatorische Schwächen und bleiben oft über längere Zeit unentdeckt. Sie führen häufig erst in Kombination mit anderen Faktoren zu Qualitätsmängeln. Ein Beispiel wäre eine unzureichende Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die langfristig zu erhöhten Fehlerraten führt.
2. Fehlerklassifikation nach Systematik
- Einzelfehler: Diese treten sporadisch auf und sind meist auf individuelle Unachtsamkeit oder unvorhersehbare Umstände zurückzuführen.
- Systematische Fehler: Diese sind in Prozessen oder Strukturen verankert und führen wiederholt zu Abweichungen. Sie erfordern eine tiefgehende Analyse und Prozessanpassung, um sie dauerhaft zu eliminieren.
3. Fehlerklassifikation nach Schweregrad
- Geringfügige Fehler: Haben nur geringe Auswirkungen auf den Ablauf und lassen sich leicht korrigieren, beispielsweise ein Zahlendreher in einem internen Bericht.
- Schwerwiegende Fehler: Können die Qualität der Patientenversorgung beeinträchtigen oder betriebliche Abläufe erheblich stören, z. B. eine fehlerhafte Terminvergabe, die zu langen Wartezeiten führt.
- Kritische Fehler: Haben potenziell schwerwiegende Auswirkungen auf die Patientensicherheit oder die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, etwa eine falsche Medikamentendosierung oder eine nicht dokumentierte Allergie eines Patienten.
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Fehlerbewertung: Wie wird die Relevanz eines Fehlers bestimmt?
Nicht jeder Fehler hat die gleiche Tragweite. Um zu entscheiden, welche Fehler besonders kritisch sind und vorrangig behoben werden müssen, gibt es verschiedene Methoden zur Fehlerbewertung.
1. Die Risikoprioritätszahl (RPZ) – Bewertung nach FMEA-Methode
Eine bewährte Methode zur Fehlerbewertung ist die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA). Hierbei wird jeder Fehler anhand dreier Faktoren bewertet:
- Auftretenswahrscheinlichkeit: Wie häufig tritt der Fehler auf?
- Bedeutung (Schweregrad): Welche Auswirkungen hat der Fehler auf Patienten, Mitarbeiter oder die Organisation?
- Entdeckungswahrscheinlichkeit: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Fehler erkannt wird, bevor er Schaden anrichtet?
Die Werte dieser drei Faktoren werden multipliziert und ergeben die Risikoprioritätszahl (RPZ). Je höher diese Zahl, desto dringlicher ist der Handlungsbedarf.
2. Fehlerbewertung nach dem Swiss Cheese Model
Das Swiss Cheese Model zeigt auf, dass Fehler oft nicht durch eine einzelne Ursache entstehen, sondern durch das Zusammenspiel mehrerer Schwachstellen („Löcher im Käse“), die sich zu einem kritischen Ereignis summieren. Durch gezielte Maßnahmen zur Risikominimierung – wie klare Prozessdefinitionen, verbesserte Kontrollmechanismen oder Schulungen – lassen sich diese „Löcher“ schließen und Fehler verhindern.
3. Klassifikation nach Kosten- und Ressourcenaufwand
Ein weiterer Aspekt der Fehlerbewertung ist der finanzielle und organisatorische Aufwand zur Fehlerbehebung. Manche Fehler lassen sich mit einfachen Maßnahmen schnell korrigieren, während andere tiefgreifende Prozessveränderungen erfordern. Eine Kosten-Nutzen-Analyse hilft dabei, den wirtschaftlichen Einfluss eines Fehlers abzuwägen und Prioritäten zu setzen.
Lesetipp: Erfahren Sie alles über die Aufgaben des Qualitätsmanagements.
Warum eine systematische Fehlerklassifikation und -bewertung unerlässlich ist

Ein strukturiertes Fehlerbewertungssystem ist ein zentraler Bestandteil eines funktionierenden Qualitätsmanagements. Es hilft:
✅ Kritische Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beheben
✅ Ressourcen gezielt für die Fehlervermeidung einzusetzen
✅ Wiederholungsfehler durch präventive Maßnahmen zu vermeiden
✅ Die Patientensicherheit und Prozessqualität nachhaltig zu verbessern
Durch die konsequente Anwendung solcher Klassifikations- und Bewertungssysteme können medizinische Einrichtungen ihre Fehlerquote minimieren und eine kontinuierliche Verbesserung der Qualität gewährleisten.
Fehler im Qualitätsmanagement (QM) sind unvermeidlich – doch sie müssen nicht zwangsläufig negative Folgen haben. Vielmehr bieten sie die Chance, Prozesse, Strukturen und Verhaltensweisen gezielt zu verbessern. Entscheidend ist, Fehler nicht nur zu identifizieren, sondern systematisch daraus zu lernen. Dafür braucht es eine gelebte Fehlerkultur, effiziente Analysemechanismen und präventive Maßnahmen, die künftige Fehler reduzieren oder idealerweise verhindern.
1. Fehlerquellen systematisch identifizieren
Ein erster Schritt zur Fehlervermeidung ist das frühzeitige Erkennen potenzieller Fehlerquellen. Dies gelingt durch:
- Regelmäßige Audits und Prozessanalysen: Interne und externe Qualitätsprüfungen helfen, Schwachstellen im System aufzudecken.
- Offenes Fehlermeldesystem: Mitarbeiter sollten dazu ermutigt werden, Fehler und Beinahe-Fehler (sogenannte “Near Misses”) zu melden, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.
- Beschwerde- und Rückmeldesysteme für Patienten und Angehörige: Patienten haben oft eine andere Perspektive auf Abläufe und können wertvolle Hinweise auf problematische Prozesse liefern.
- Datenbasierte Fehlererfassung: Die Auswertung von Fehlermeldungen und Qualitätsindikatoren (z. B. erhöhte Komplikationsraten oder Wartezeiten) ermöglicht es, Muster zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern.
2. Ursachen gezielt analysieren – statt nur Symptome zu beheben
Die bloße Korrektur eines Fehlers reicht nicht aus – es ist essenziell, dessen Ursache zu identifizieren, um eine Wiederholung zu verhindern. Hierbei helfen bewährte Analysemethoden:
- 5-Why-Methode: Durch das wiederholte Hinterfragen der Ursachen („Warum ist das passiert?“) wird die eigentliche Fehlerquelle sichtbar.
- Ishikawa-Diagramm (Fischgräten-Diagramm): Dieses Werkzeug hilft, verschiedene Einflussfaktoren (z. B. Mensch, Methode, Material, Umwelt) systematisch zu analysieren.
- Root Cause Analysis (RCA): Eine tiefgehende Ursachenanalyse, die insbesondere bei schwerwiegenden Fehlern angewendet wird, um grundlegende strukturelle Probleme zu erkennen.
3. Präventive Maßnahmen etablieren
Maßnahme | Ziel | Umsetzungsbeispiel |
---|---|---|
Regelmäßige Audits | Erkennen von Prozessschwächen | Jährliche interne QM-Prüfung zur Prozessoptimierung. |
Schulungen & Sensibilisierung | Fehlerrisiko durch Wissenstransfer minimieren | Monatliche Trainings zu Dokumentationspflichten. |
Checklisten & SOPs | Standardisierte Abläufe zur Fehlervermeidung | Verwendung von OP-Checklisten zur Patientensicherheit. |
Offene Fehlerkultur | Lernen aus Fehlern statt Sanktionen | Anonyme Fehlermeldesysteme für Mitarbeiter. |
Sobald Fehlerquellen bekannt sind, gilt es, präventive Maßnahmen einzuführen, um ähnliche Fehler künftig zu vermeiden. Dazu zählen:
- Optimierung von Standardarbeitsanweisungen (SOPs): Präzise und gut verständliche Arbeitsanweisungen minimieren Unsicherheiten und Fehleranfälligkeit.
- Checklisten und Kontrollmechanismen: Besonders in risikobehafteten Bereichen wie der Medikation oder der Patientenidentifikation helfen strukturierte Checklisten, Fehler zu vermeiden.
- Technische Unterstützungssysteme nutzen: Digitale Lösungen wie automatisierte Terminplanung, elektronische Patientenakten oder Fehlererkennungssoftware reduzieren menschliche Fehler.
- Mitarbeiterschulungen und Sensibilisierung: Regelmäßige Weiterbildungen zu QM-Prozessen und Fehlervermeidung stärken das Bewusstsein für qualitätsrelevante Abläufe.
4. Fehlerkultur etablieren: Lernen statt sanktionieren
Eine nachhaltige Fehlerprävention ist nur möglich, wenn Fehler nicht als Tabuthema betrachtet werden. In vielen Organisationen besteht die Angst vor Schuldzuweisungen, weshalb Fehler verschwiegen oder vertuscht werden. Doch nur eine offene Fehlerkultur ermöglicht es, aus Fehlern zu lernen. Dazu gehört:
- Fehlermeldungen als Chance zur Verbesserung sehen – anstatt als persönliches Versagen.
- Mitarbeiter aktiv in Lösungsprozesse einbinden – wer Fehler macht, kann oft wertvolle Ideen zur Verbesserung beitragen.
- Best-Practice-Ansätze teilen – wenn eine Abteilung eine erfolgreiche Lösung gefunden hat, sollte diese für die gesamte Organisation nutzbar gemacht werden.
- Regelmäßige Feedback- und Lernschleifen etablieren – Teams sollten Fehler in Meetings besprechen und Maßnahmen zur Optimierung gemeinsam festlegen.
5. Kontinuierliche Verbesserung als Grundprinzip verankern
Fehlermanagement sollte kein einmaliges Projekt sein, sondern ein integraler Bestandteil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Maßnahmen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, sollten regelmäßig überprüft und an neue Anforderungen angepasst werden. Wichtige Elemente sind:
- Qualitätszirkel: Interdisziplinäre Teams, die regelmäßig Prozesse evaluieren und Verbesserungsvorschläge entwickeln.
- Benchmarking: Der Vergleich mit anderen medizinischen Einrichtungen hilft, bewährte Methoden zu übernehmen und sich stetig weiterzuentwickeln.
- Wissenschaftliche Erkenntnisse einbinden: Neue Studien und Best Practices aus dem Gesundheitswesen sollten in die QM-Prozesse integriert werden.
Fazit: Fehler als Chance zur Weiterentwicklung nutzen
Ein effektives Qualitätsmanagement zeichnet sich nicht dadurch aus, dass keine Fehler passieren – sondern dadurch, wie mit Fehlern umgegangen wird. Entscheidend ist eine Kultur des Lernens, in der Fehler offen analysiert, systematisch erfasst und mit gezielten Maßnahmen vermieden werden.
Durch eine strukturierte Fehlererkennung, Ursachenanalyse und präventive Maßnahmen können medizinische Einrichtungen ihre Prozesse kontinuierlich optimieren. So wird nicht nur die Patientensicherheit gestärkt, sondern auch die Effizienz und Qualität der gesamten Organisation verbessert.
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